Blogbuster 2020: Meine Suche nach der Liebe auf den ersten Satz.

Was bin ich für eine miserable Blogbuster-Bloggerin.
Während meine Kolleg*innen bereits fleißig von ihren Erfahrungen mit ihren Manuskripten und Shortlist-Titeln berichteten, las ich heimlich in mich hinein. Doch jetzt ist es an der Zeit und ich öffne endlich die Tür in mein Blogbuster-Office. Hereinspaziert!

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Nach dem Kick-Off auf der Frankfurter Buchmesse trudelten nach und nach Manuskripte bei mir ein – teils wohl direkt an mich, teils nachträglich zugeteilt. Zehn Leseproben von aufstrebenden Autor*innen, deren Geschichten unterschiedlicher nicht hätten sein können. Bei meiner Vorstellung bat ich um „tief menschliche Geschichten, sprachlich clevere Details und spannende Charaktere“, um Text, der es schafft, mich „unvorbereitet zu treffen, zu ertappen, zu amüsieren und zu verärgern“. Und die Leseproben schafften all das – wenn auch leider nicht immer im positivsten Sinne.

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Was für ein Privileg, all diese Leseproben zu erforschen und bewerten zu dürfen. Ich habe einen Riesen Respekt vor allen, die an ihrer Idee festhalten, Geschichten und Charaktere formen, eine andere Welt zum Leben erwecken wollen. Danke an alle, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben und ausgerechnet mich als Patin ausgewählt haben. Ich muss sagen: Ganz schön krasse Verantwortung. Obwohl ich bei jedem Text schnell merkte, ob mein Herz ausschlägt oder nicht, las ich kritisch, teils mehrmals, immer auf der Suche nach dem, was ich beim ersten Mal vielleicht übersehen hatte. Doch ich wäre nicht ich, wenn ich nicht vollkommen auf meine Intuition hören würde. Also entschied ich mich, vier Manuskripte anzufordern und freute mich auf meine Shortlist mit folgenden Titeln:



Unser letzter Tag – Christoph Stark
Ein Komet ist kurz davor, die Erde zu erreichen und sie in den sicheren Untergang zu schicken. Anhand der sieben Todsünden schickt uns der Erzähler durch die Leben und Perspektiven von Personen, die ihre letzten Stunden auf unterschiedliche Weise erleben. Alle wissen, alles ist egal, es geht zu Ende. Und am Ende der Lektüre bleibt die Frage: Macht ein solches Wissen aus uns bessere oder schlechtere Menschen?

Der Rest deiner Freiheit – Matti A.
Noch eine Dystopie – aber erschreckend realistisch. Der Hauptfigur Rhea und ihren Freunden droht ein neues Kulturgesetz, das Kulturförderungsmaßnahmen beschneiden soll und die Kulturszene damit komplett verändern wird. Trotz Verboten ruft Rhea mit ihren Freunden ein Widerstandskino ins Leben, das relevante Filme zeigt und zur Diskussion anregen soll – sehr zum Missfallen der dörflichen Mahnwache. Doch auch in Rhea tobt die Unruhe. Sie schreibt an einem Drehbuch und entwirft die Figur X, mit der sie durch die Straßen geht – bis sich Realität und fiktive Welt schließlich vermischen und Rhea die langersehnte Freiheit schenken.

Ellis – Selene Mariani
Ellis und Grace waren beste Freundinnen – bevor sie sich viele Jahre lang scheinbar nicht mehr kannten. Als sie sich eines Tages wieder sehen, stürzen sie sich in den zweiten Versuch einer Freundschaft, der Ellis einmal mehr hinterfragen lässt, was Heimat, Zugehörigkeit und Liebe für sie bedeuten. Selene Mariani nimmt uns mit nach Italien, das Land, das Ellis mit sieben Jahren verlassen musste. Dort verbringt sie nicht nur einen Sommer mit ihrer neuen alten Freundin Grace, sondern begibt sich auch auf die Suche nach ihrer eigenen Identität.

Wofür wir spielten – Sina Lippmann
Josephine ist Mitte 50 und verdient sich ihren Lebensunterhalt als Pflegekraft. Als sie die Todesanzeige eines ehemaligen Freundes entdeckt, macht sie sich sofort auf zum Friedhof und fällt dort ihren früheren Freunden und Weggefährten in die Arme – ihrer ehemaligen Theatergruppe, den „Antigonisten“. Wir blicken mit Josephine zurück auf eine wilde Zeit vor der Wende, in der freies Theater kleine Bühnen erobern wollte. Eine Zeit, in der fünf Menschen große Visionen verfolgten, berauschende Erfolge feierten und sich nach dem Mauerfall im ländlichen Brandenburg neu zusammenrafften. Eine Geschichte über die Liebe zum Theater, Freundschaft und das Schicksal des Scheiterns. Und um die große Frage: Wohin geht Freundschaft, wenn die Freunde getrennte Wege gehen?

And my winner is …

Sina Lippmann mit „Wofür wir spielten„. Denn es war Liebe auf den ersten Satz.

„Das Unwetter kündigte seinen Auftritt mit einem tiefen Räuspern an.“

Ich mochte sehr, wie Sina Lippmann mich mit ihrer Sprache überraschte. Sie kreiert Bilder, die nicht krampfig konstruiert, sondern wie ganz selbstverständlich erscheinen. Vom Reißverschlussschnurren über das Schnallenknipsen bis zum Lippenflattern – sie findet und erfindet Worte für ganz Normales, das damit ganz besonders wird. Ihre Geschichte versucht nicht, mehr zu sein als sie ist: Eine Geschichte über Freundschaft und darüber, wie sehr Leidenschaft verbindet – und wie zerbrechlich sie damit wird. „Wofür wir spielten“ ist feinsinnig, leise und doch lebendig, authentisch und ehrlich.

Ich wünsche der Autorin alles Gute mit ihrem Manuskript!

Hier geht’s zum Porträt der Autorin auf Blogbuster.

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Und das schreiben meine Blogbuster-Kolleg*innen über ihre Erfahrungen:

Stefan Härtel, Bookster HRO

Karolin Hagendorf, FIKTION FETZT

Julia Schmitz, Kulturjournal Fräulein Julia

Marius Müller, Buch-Haltung

Andrea Schuster, Lesen in vollen Zügen 

Isabella Caldart, novellieren

Romy Henze, travel without moving

Sophie Palme, VerStand

Constanze Matthes, Zeichen & Zeiten

 

 

 

 

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